300ER-WELTREKORD
Die ersten beiden Tage waren als Training eingeplant. Alles was in der Theorie ausgetüftelt wurde, galt es nun in der Praxis zu erproben und gegebenenfalls zu ändern. Nicht nur das Springerische war gefordert, sondern auch die Koordination der Piloten, die ja sehr exakt und nahe ihren Formationsflug durchführen mussten. Sauerstoffanlage und entsprechende Versorgung über die Spezialhelme wurden ebenfalls getestet, damit später alles klappen würde. 3 Teams à 100 Springer sollten sich in Ruhe einspringen, sich kennen lernen und ihre spätere Aufgabe bei den 300er Versuchen üben.
Als Basis war unsere Aufgabe ganz klar. Ziel war es in 45 Sekunden mit allen 100 Leuten komplett zu sein, damit dann anschließend die Wacker, also die äußeren Reihen, noch genug Zeit hatten sich anzunähern. Ohne uns ging also nichts. Klar war aber auch, dass ohne komplette und schnell gebaute Linien der Wacker kein Rekord zu brechen war. Wir bastelten also von Beginn an, an der originalen Basis-Formation, wie sie später auch tatsächlich geflogen werden sollte. Die anderen beiden Gruppen führten ebenfalls Übungssprünge entsprechend ihren Aufgaben durch.
In unseren Springeranzügen trafen wir uns zum ersten gemeinsamen Briefing vor dem Hangar und stellten uns in die Position, wie sie uns zugeteilt wurde. Zum ersten Mal sah man also nicht nur ein Computerbild mit Positionsnummern, sondern auch die dazu gehörigen Gesichter. Rechts von mir war Dave der Australier, vor mir Tom und links Pitt Weber, der bereits zum roten Sektor der Basis gehörte. Pitt ist einer der besten Formationsspringer in Deutschland und mehrfacher Deutschermeister in der 4er-Disziplin. Fast alle, die ich so sah, hatten Abzeichen an ihren Anzügen, die sie als Teilnehmer von dem einen oder anderen „World Team“ oder Rekordversuch auszeichneten. Scheinbar war ich der einzige auf den ersten Blick, der neu war. Ein bisschen mulmig wurde mir schon langsam. Alle hatten Erfahrung mit diesen Ausnahmesprüngen und wussten, was sie erwartete. Was wäre, wenn ich der einzige bin, der seine Aufgabe nicht richtig macht und 299 andere machen ihrem Job perfekt. Nicht auszudenken und ich verwarf den Gedanken ganz schnell wieder.
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